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Beschlüsse der 2. Vergabekammer 2019

2 VK LSA 04/19

vom 05.06.2019

§ 97 Abs. 6 GWB §§ 13 EU Abs. 1 Nr. 2 S. 3, 14 EU Abs. 5 Nr. 1, 17 EU VOB/A

- kein Anspruch auf Aufhebung der Aufhebung

- zulässiger jedoch unbegründeter Nachprüfungsantrag

- Probleme bei elektronischer Angebotsübermittlung

Antragstellerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner die Aufhebung der Ausschreibung zurücknimmt.

Die entsprechende Entscheidung des Antragsgegners war sachlich begründet. Bei einer Weiterführung des Vergabeverfahrens wäre die Einhaltung des Gleichbehandlungs-grundsatzes nicht gewährleistet gewesen.

Die Bieter waren gehindert, fristgemäß ihre Angebote in das Bieterportal einzustellen bzw. ein formgerechtes Angebot abzugeben. Ihnen kann nicht angelastet werden, dass zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe das Vergabeportal nicht funktionierte.

Ein Angebot, das nachweislich vor Ablauf der Angebotsfrist dem öffentlichen Auftraggeber zugegangen war, aber aus vom Bieter nicht zu vertretenden Gründen dem Verhandlungsleiter nicht vorgelegen hat, ist wie ein rechtzeitig vorliegendes Angebot zu behandeln.

 

2 VK LSA 23/19

vom 07.08.2019 (nicht barrierefrei)

§§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 u. 3, 168 Abs. 1 S. 2, 166 Abs. 1 S. 3 Alt. 3 GWB

  • Nachprüfungsantrag unzulässig
  • Rüge verspätet

Eine positive Kenntnis ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn die Unkenntnis des Bieters nur als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis des Vergabeverstoßes gewertet werden kann. Dies wird auch dann angenommen, wenn es der Bieter vorwerfbar versäumt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass er Kenntnis von den Vergabeverstößen erlangen kann.

Aufgrund des im Vergabeverfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatzes kann von einem Bieter erwartet werden, dass er die Unterlagen spätestens innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Eingang auf Verständlichkeit und Vollständigkeit prüft.

Dies gilt in gleicher Weise, wenn der Auftraggeber die Unterlagen modifiziert und den Bietern erneut zur Verfügung stellt. Die Antragstellerin hatte es verabsäumt, eine entsprechende Kontrolle innerhalb des oben genannten Zeitraums vorzunehmen.

Die erhobene Rüge war deshalb verspätet.

2 VK LSA 24/19

vom 26.07.2019 (nicht barrierefrei)
§§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 u. Nr. 3, 168 Abs. 1 S. 2 GWB §§ 17 Abs. 10, 56 Abs.2, 57 Abs.1 Nr. 4 VgV

  • Abänderung der Vergabeunterlagen
  • teilweise verspätete Rüge
  • teilweise unbegründeter Nachprüfungsantrag

Von einem Bieter kann im Regelfall zwar nur verlangt werden, dass er den Text der einschlägigen Verfahrensordnung zur Kenntnis nimmt und mit dem wichtigsten Regeln des Vergaberechts vertraut ist. Beim Maßstab der Erkennbarkeit ist jedoch auf den Adressaten der Bekanntmachung abzustellen. Die Bieter des konkreten Vergabeverfahrens prägen den objektiven Empfängerhorizont, aus dem heraus die Erkennbarkeit zu beurteilen ist. Die Vergabeverstöße waren für die Antragstellerin erkennbar.

Die Antragstellerin hat die vermeintlichen Vergabeverstöße auch nicht im Rahmen der ersten Verhandlungsrunde gerügt. Vielmehr hat sie lediglich angefragt, inwieweit das Planungsbüro juristische Leistungen beisteuern solle. Es trifft zwar zu, dass an den Inhalt der Rüge zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes geringe Anforderungen zu stellen sind. Der Rüge muss jedoch eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen sein. Die Antragstellerin hat mitzuteilen, welchen Sachverhalt sie für vergaberechtswidrig hält. Aus der Rüge muss zu ersehen sein, um welchen Verstoß es sich handelt und dass die Beseitigung des Vergaberechtsfehlers geltend gemacht wird. Mit ihrer Anfrage hat die Antragstellerin jedoch in keiner Weise die Vorgaben der Leistungsbeschreibung kritisiert.

Abweichend von der Forderung des Auftraggebers hat die Antragstellerin ausgeführt, dass sie von 5 auszuschreibenden Clustern ausgehe. Weiterhin hat sie die Anzahl der Teilnehmer auf 5 begrenzt. Eine derartige Beschränkung der Teilnehmerzahl war in den Vergabeunterlagen nicht vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind ihre diesbezüglichen Erklärungen in ihrem letztverbindlichen Angebot bei der Wertung zu berücksichtigen. Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass die darin enthaltenen Ausführungen nicht bindend seien. Aufgrund der vorgenommenen Änderungen an den Vergabeunterlagen war der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin von der Wertung gemäß somit zwingend.

2 VK LSA 28/19

vom 20.12.2019

 

§§ 97 Abs. 1, Abs.2 u. Abs. 6; 121 Abs.1; 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 3 u. 4 GWB; § 17 Abs. 10 VgV; § 51 Abs. 5 HOAI

- teilweise zulässiger und begründeter Nachprüfungsantrag

- Rüge teilweise verspätet

- Verstoß gegen Transparens- u. Gleichbehandlungsgebot

- Angebot nicht zuschlagsfähig

- Vergabeverfahren muss wiederholt werden

Soweit die Antragstellerin geltend macht, der Antragsgegner habe den Bietern in vergaberechtswidriger Weise die Möglichkeit eröffnet, eine vom Amtsentwurf abweichende Honorarzone vorzuschlagen, ist dies verspätet. Sie hätte den vermeintlichen Vergabeverstoß bis zum Ablauf der Angebotsfrist rügen müssen. Dieser war für sie aus den Vergabeunterlagen ersichtlich.

Der Antragsgegner sieht zu Unrecht vor, auf das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Ihr Angebot ist nicht zuschlagsfähig, da es nicht in jeder Hinsicht den Vorgaben der Vergabeunterlagen entspricht. Gleiches gilt für das Angebot der Antragstellerin.

Der Antragsgegner hat sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes auch nicht, wie es aufgrund des Transparenzgebotes erforderlich gewesen wäre, eingehend mit der Begründung der Beigeladenen für die Abänderung der Honorarzone auseinandergesetzt. Andernfalls hätte der Antragsgegner zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Darlegungen der Beigeladenen nicht ausreichen.

Die Beigeladene hatte in ihrem Angebot erklärt, den Nachweis des konstruktiven Brandschutzes im Rahmen der Grundleistungen erbringen zu wollen. Damit legte sie die Kosten, die für diesen Nachweis tatsächlich anfallen, auf andere Leistungspositionen um. Dies ist nicht statthaft.

Die Vergabekammer gab dem Antragsgegner auf, das Vergabeverfahren ab Durchführung der Verhandlungen zu wiederholen. Diese Maßnahme ist geboten, um den vorgenannten Vergabeverstößen abzuhelfen. Das Vergabeverfahren ist in den Stand zurückzuversetzen, ab dem es fehlerhaft ist. Der Antragsgegner hat es vorliegend versäumt, in den Verhandlungen die dargestellten Mängel in den Angeboten der beiden Bieter zu beseitigen.

 

2 VK LSA 31/19

vom 02.09.2019 (nicht barrierefrei)

§§ 15 Abs. 5, 56 Abs. 2 – 5, 56 Abs. 3 S. 2, 57 Abs. 1 Nr. 2, 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV; §§ 133, 157 BGB

  • Nachprüfungsantrag zulässig jedoch unbegründet
  • unvollständiges Angebot
  • Angebot nicht formgerecht

Antragsgegner hat zu Recht das Angebot der Antragstellerin ausgeschlossen, da es nicht vollständig war. Es ist außerdem nicht formgerecht eingegangen.

Der Auftraggeber ist nicht befugt, den Bieter zu Handlungen zu bewegen, die eine Änderung des Inhalts seines Angebots bedeuten. Vor diesem Hintergrund darf ein den Ausschluss rechtfertigender Mangel nicht im Wege von Aufklärungsmaßnahmen beseitigt werden. Einem nicht annahmefähigen Angebot darf nicht zur Annahmefähigkeit verholfen werden, indem fehlende Angaben, die zwingend gefordert waren, nachträglich getätigt werden.

Der Antragsgegner hatte verlangt, dass ein elektronisches Angebot mit fortgeschrittener oder qualifizierter Signatur versehen wird. Der Ausschlussgrund i.S. der vorgenannten Norm ist nicht nur dann gegeben, wenn überhaupt keine Signatur vorhanden ist. Vielmehr ist die Vorschrift auch dann einschlägig, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Signatur den gesamten Angebotsinhalt erfasst

2 VK LSA 35/19

vom 17.09.2019 (nicht barrierefrei)

§§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1; 169 Abs. 2 S. 1; 169 Abs. 2 S. 5 GWB; §§ 16EU Nr. 2; 13EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A.

  • zulässiger und begründeter Antrag
  • Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin
  • verspätete Rüge
  • Änderung an den Vergabeunterlagen

Die Antragsgegnerin hat sich nicht auf selbst geschaffene und in der VOB/A EU nicht vorgesehene Ausschlusstatbestände berufen. Sie hatte in ihrem vorgenannten Schreiben deutlich zum Ausdruck gebracht, das Angebot der Antragstellerin sei „inhaltlich abweichend und somit nicht vergleichbar“

Die Antragstellerin hatte es unterlassen, eine funktionierende Vertretungsregelung zu treffen. Sie hat es vorwerfbar versäumt, die organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie hiervon Kenntnis hätte erlangen können.

Aufgrund des im Vergabeverfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatzes stellte es einen schwerwiegenden Mangel dar, dass auf Seiten der Antragstellerin ein bedeutsames Schreiben für einige Tage unbeachtet blieb. Ein sich Verschließen vor der Erkenntnis der vermeintlichen Vergaberechtsverstöße ist mit einer Kenntnis gleichzusetzen.

Soweit die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag geltend macht, dass die Wertung von Nebenangeboten unzulässig gewesen sei, hat sie dies nicht gerügt. Ihr diesbezügliches Vorbringen ist ebenso präkludiert.

 

2 VK LSA 39/19

vom 15.10.2019 (nicht barrierefrei)

§§ 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3; 134; 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3; 169 Abs. 2 S. 1 GWB; §§ 11EU Abs. 4 u. 5 VOB/A

  • Änderung an Vergabeunterlagen
  • zulässiger und begründeter Antrag
  • verspätete Rüge

Die Antragstellerin hat es verabsäumt, die von ihr behaupteten Vergabeverstöße spätestens bis zum Schlusstermin für den Eingang der Angebote zu rügen.

Die Antragstellerin hätte bereits bei Angebotsabgabe davon ausgehen müssen, dass die Forderungen aus dem Hinweisblatt der Antragsgegnerin rechtswidrig sind und daher aus ihrer Sicht keinen Bestand haben können. Sie hätte anderenfalls als erfahrene Bieterin bewusst in Kauf genommen, dass ihr Angebot nicht zuschlagsfähig ist. In diesem Fall wäre schon zweifelhaft, ob die Antragstellerin antragsbefugt ist. Ihr musste bewusst sein, sich bei der Übermittlung ihres Angebotsschreibens über die im Hinweisblatt enthaltenen Gebote hinwegzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat ausdrücklich und unmissverständlich im Einzelnen ausgeführt, dass Angebote, die handschriftlich ausgefüllt und zur Angebotsabgabe eingescannte Angebotsschreiben beinhalten, ausgeschlossen würden. Die Antragstellerin hatte entgegen der dort aufgeführten Regelungen ihr ausgedrucktes Angebotsschreiben handschriftlich ausgefüllt und danach eingescannt.

 

2 VK LSA 40/19

vom 03.03.2020

 

§§ 15 Abs. 5 S. 2; 60 Abs. 3 S. 1; 60 Abs. 1 VgV

- Nachprüfungsantrag zulässig jedoch unbegründet

- ungewöhnlich niedriger Preis

- unzureichende Aufklärung

- unzulässige Abänderung des Angebotes

Die nachträgliche Hinzunahme eines Nachunternehmers stellt eine vergaberechtlich unzulässige Modifikation des Angebotes dar. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gilt das Verbot des § 15 Abs. 5 S. 2 VgV auch i.V.m. § 60 VgV. Bei anderer Betrachtungsweise stünde zu befürchten, dass der Wettbewerb durch nachträgliche Modifikationen des Angebotes beeinträchtigt oder gar aufgehoben wird. Es ist in jeder Hinsicht zu gewährleisten, dass die Angebote ab der Angebotsabgabe nicht mehr nachträglich verändert werden dürfen und insoweit alle Bieter eine Gleichbehandlung erfahren. Dieser fundamentale Vergabegrundsatz gilt auch im Zusammenhang mit der Aufklärung eines Angebotes mit ungewöhnlich niedrig erscheinendem Preis.

Aufgrund dieser Umstände ist die Ablehnung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin zwingend.

Die Antragstellerin hat keinen Schaden, wenn sie bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, weil ihr Angebot unabhängig von ihrem Vorbringen im Nachprüfungsverfahren ohnehin zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen. Bei dieser Sachlage sind die Nachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren einzugreifen

 

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