Freistellung von Bahnbetriebszwecken Verfahren gemäß § 23 Allgemeines Eisenbahn Gesetz (AEG)
Freistellung von Grundstücken, die Betriebsanlage einer Eisenbahn sind oder auf denen sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden;
Verfahren nach § 23 Allgemeines Eisenbahngesetz (Stand: 11/2024)
Grundstücke, die Betriebsanlage einer Eisenbahn sind oder auf denen sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden, sind öffentliche Verkehrsflächen und dienen als solche dem "Zwecke des Bahnbetriebes". Dadurch besteht für solche Grundstücksflächen ein öffentlich-rechtlicher Planungs- und Nutzungsvorbehalt.
Gem. § 23 Abs. 1 AEG liegt der Bahnbetriebszweck eines Grundstücks, das Betriebsanlage einer Eisenbahn ist oder auf dem sich eine Betriebsanlage einer Eisenbahn befindet, im überragenden öffentlichen Interesse und dient der Aufrechterhaltung sowie der Weiterentwicklung der Eisenbahninfrastruktur im Rahmen der kurz-, mittel- oder langfristig prognostizierbaren zweckentsprechenden Nutzung.
Welchen Zweck verfolgt ein Freistellungsverfahren?
Um den öffentlich-rechtlichen Planungs- und Nutzungsvorbehalt (Bahnbetriebszweck) aufzuheben, muss durch Verwaltungsakt die Freistellung von Bahnbetriebszwecken festgestellt werden. Dann unterliegen die Grundstücke wieder der kommunalen Planungshoheit, soweit keine vorrangige künftige Nutzung für den Betrieb von Verkehrssystemen nach dem Personenbeförderungsgesetz erfolgen soll. Eine Freistellung kann auch für Teile eines Grundstücks erfolgen.
Antragsberechtigungen und Voraussetzungen
Gem. § 23 Abs. 2 AEG stellt die zuständige Planfeststellungsbehörde für ein Grundstück im Sinne des § 23 Abs. 1 AEG auf Antrag
- des Eisenbahninfrastrukturunternehmens,
- des Eigentümers des Grundstücks,
- der Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet, oder
- des Trägers der Straßenbaulast einer öffentlichen Straße, der diese Grundstücke für Zwecke des Radwege- und Straßenbaus zu nutzen beabsichtigt,
die Freistellung von den Bahnbetriebszwecken fest, wenn das Interesse des Antragstellers an der Freistellung das in § 23 Abs. 1 AEG genannte, überragende öffentliche Interesse überwiegt, kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. Dies gilt auch für Grundstücke, auf denen sich keine Betriebsanlagen mehr befinden. Befindet sich auf dem Grundstück eine Betriebsanlage, für deren dauerhafte Betriebseinstellung eine Stilllegung nach § 11 AEG zu erwirken ist, so kann die Freistellung von Eisenbahnbetriebszwecken erst nach Eintritt der Bestandskraft der Stilllegungsentscheidung erfolgen.
Wer ist zuständig?
Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsamtes beschränkt sich dabei auf nichtbundeseigene Eisenbahnen. Hierzu zählen auch Anschlussbahnen.
Für bundeseigene Eisenbahnen obliegt die Zuständigkeit dem Eisenbahn-Bundesamt.
Bei stillgelegten oder bereits zurückgebauten Bahnbetriebsanlagen richtet sich die Zuständigkeit nach dem letzten rechtlichen Betreiber (Inhaber der Unternehmensgenehmigung bzw. Betriebserlaubnis) der Bahnbetriebsanlage.
Welche Unterlagen müssen eingereicht werden?
Der Antrag ist schriftlich, aber ansonsten formlos zu stellen. In einer gesonderten Anlage (Erläuterungsbericht) ist neben allgemeinen Angaben zum Vorhaben darzulegen, dass weder aktuell ein Verkehrsbedürfnis besteht noch langfristig eine eisenbahnspezifische Nutzung der Infrastruktur zu erwarten ist. Darüber hinaus sind erhebliche Tatsachen darzulegen, die für eine Freistellung des Grundstücks von den Bahnbetriebszwecken nach § 23 Abs. 2 AEG sprechen.
Für die Freistellungsentscheidung ist die vollständige oder teilweise Beseitigung von nicht betriebsnotwendigen Eisenbahnanlagen keine Voraussetzung.
Weiterhin sind dem Antrag als Anlagen beizufügen:
1. Erläuterungsbericht mit allgemeinen Angaben zum Vorhaben/zur künftigen Nutzung
2. Übersichtskarte (Maßstab 1:10.000 bis 1:50.000)
3. Lagepläne/Flurkarten mit Flurstücks- Nummer/n, aus denen die Lage der betreffenden Eisenbahnbetriebsanlage/n (z.B. Gleise, Bahnhof, Schrankenanlagen etc.) ersichtlich sind.
4. Angabe von Streckennummer und Streckenkilometer (soweit vorhanden/vergeben)
5. Flurstücks-Tabelle mit folgenden Angaben: Gemeinde | Gemarkung | Flur | Flurstücks-Nr. | Größe in m² | aktueller Eigentümer
6. ehemalige/bisherige Nutzung der Anlage bzw. der Anlageteile (soweit bekannt)
Hinweis:
Es ist die genaue Bezeichnung der Freistellungsfläche durch Beschreibung und zeichnerische Darstellung auf einem Lageplan festzustellen. Aus dem Plan des Antrags muss eindeutig ersichtlich sein, welche Grundstücke von Bahnbetriebszwecken freigestellt werden sollen (farbliche Markierung, bspw. beige eingefärbt), wobei im Freistellungsverfahren i. d. R. ein Maßstab von 1:1.000 als Lageplan ausreicht.
Sofern nur Teile eines Flurstücks oder einzelne Flurstücke freigestellt werden sollen, ist die Bildung eines neuen Flurstücks/Grundstücks erforderlich. Es wird empfohlen diese Teilung vor Antragstellung vorzunehmen. Das Landesverwaltungsamt behält sich vor, den Nachweis der Neuvermessung durch den Antragsteller vor Erlass des Freistellungsbescheides aus Bestimmtheitsgründen (z. B. zur klaren Abgrenzung der verbleibenden Betriebsanlagen) zu fordern.
Die Unterlagen sind immer auch elektronisch einzureichen. Liegt die maßstabsgetreue Darstellung der Pläne nur in Formaten DIN A 2, A 1, A 0 oder Sonderformaten vor, so sind bei elektronischer Einreichung auch mindestens 5 Pläne in Papier einzureichen. In besonderen Fällen sind weitere Nachforderungen von Exemplaren vorbehalten.
Wie läuft das Verwaltungsverfahren ab?
Vor der Entscheidung ist durch das Landesverwaltungsamt die oberste Landesplanungsbehörde über den Eingang des Antrags auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken zu informieren.
Darüber hinaus sind nach § 23 Abs. 4 Nr. 2 AEG
- die Eisenbahnverkehrsunternehmen,
- die nach § 1 Abs. 2 Regionalisierungsgesetz (RegG) bestimmten Stellen,
- die zuständigen Träger der Landesplanung und Regionalplanung,
- die kommunale Verkehrsunternehmen
- die betroffenen Gemeinden sowie
- Eisenbahninfrastrukturunternehmen, soweit deren Eisenbahninfrastruktur an die vom Antrag betroffene Eisenbahninfrastruktur anschließt
durch öffentliche Bekanntmachung im Bundesanzeiger zur Stellungnahme aufzufordern und zusätzlich der Inhalt der Bekanntmachung im Internet zu veröffentlichen. Die Frist zur Abgabe der Stellungnahme soll drei Monate nicht überschreiten.
Darüber hinaus ist der Bundesnetzagentur innerhalb dieser Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Die Entscheidung über die Freistellung ist neben dem Antragsteller dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen, dem Eigentümer des Grundstücks und der Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet, zuzustellen. Die oberste Landesplanungsbehörde ist über die Entscheidung zu unterrichten.
Ist die Freistellungsentscheidung kostenpflichtig?
Das Verfahren ist grundsätzlich kostenpflichtig. Kosten (Gebühren und Auslagen) werden nach dem Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt erhoben.