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Mu­schel­kalk­hän­ge der Nietleben-​Bennstedter Mulde

Größe:  73,00 ha  
Land­kreis: Saa­le­kreis   
Co­die­rung: NSG0266__   
Ver­ord­nung:  VO v.20.09.2004 (Amtsbl.d.Lan­des­ver­wal­tungs­am­tes S.-A.. -10(2004)10 v.25.10.2004, S.259)
Karte - © LVerm­Geo LSA Gen.-Nr.: 10008 (www.lverm­geo.sachsen-​anhalt.de)

Schutz­ziel

Er­hal­tung des re­prä­sen­ta­ti­ven Mo­sa­iks ver­schie­dens­ter Bio­top­ty­pen, wie Fels- und Schot­ter­flu­ren, Trocken-​ und Halb­tro­cken­ra­sen, Feld­he­cken und Feld­ge­höl­ze, Streu­obst­wie­sen sowie ein ex­ten­siv ge­nutz­tes Ackerwildkraut-​Schutzgebiet über Mu­schel­kalk; Si­che­rung der ar­ten­rei­chen Flora und Fauna und der wich­ti­gen Ele­men­te im Bio­top­ver­bund
  

Lage

Das Schutz­ge­biet zählt zur Land­schafts­ein­heit Öst­li­ches Harz­vor­land. Es er­streckt sich hufeisen-​förmig zwi­schen den Ort­schaf­ten Lies­kau, Köll­me und Benn­stedt und be­inhal­tet das be­reits 1961 aus­ge­wie­se­ne NSG "Schau­chen­berg", wel­ches somit eine Über­füh­rung in ak­tu­el­les Recht er­fährt.
Ein­be­zo­gen sind ins­be­son­de­re die west­li­chen und nörd­li­chen Rand­flä­chen eines gro­ßen Kalk­mas­sivs mit Höhen zwi­schen 90 und 120 m ü. NN. Geo­lo­gisch ge­hö­ren die Steil­kan­te des Mu­schel­kalk­aus­stri­ches zur Niet­le­be­ner Mulde (KRUM­BIE­GEL & SCHWAB 1974).

Geo­lo­gi­sche Be­schaf­fen­heit

Der Un­te­re Mu­schel­kalk (Wel­len­kalk­fol­ge mit Werk­stein­bän­ken) wurde frü­her in zahl­rei­chen Stein­brü­chen ab­ge­baut. Diese Stein­brü­che stel­len erd­ge­schicht­lich be­deu­ten­de Auf­schlüs­se (Geo­to­pe) dar. We­ni­ger ex­po­nier­te Hang­be­rei­che und vor allem die Pla­te­au­flä­che über dem Mu­schel­kalk sind mit einer wech­selnd mäch­ti­gen Löss­schicht be­deckt. Über der Steil­kan­te haben sich flach­grün­di­ge Berg­lehm­rend­zi­nen, auf der Pla­te­au­flä­che Schwarz­er­den bis Braun­schwarz­er­den über Löss aus­ge­bil­det (LAN­DES­AMT FÜR UM­WELT­SCHUTZ 1997).

Ve­ge­ta­ti­on

Den größ­ten na­tur­schutz­fach­li­chen Wert im Ge­biet haben die zahl­rei­chen Tro­cken­bio­to­pe, die als Kalk­pio­nier­ra­sen und Kalk­tro­cken­ra­sen mit ihren Ver­bu­schungs­sta­di­en und or­chi­deen­rei­chen Be­stän­den prio­ri­tä­re Le­bens­raum­ty­pen von ge­mein­schaft­li­chem In­ter­es­se nach An­hang I der Richt­li­nie 92/43/EWG (FFH-​Richtlinie) dar­stel­len. Be­son­ders im Be­reich der auf­ge­las­se­nen Stein­brü­che und an of­fe­nen Hang­flä­chen ist auf kleins­tem Raum ein Mo­sa­ik ver­schie­de­ner ge­fähr­de­ter Pflan­zen­ge­sell­schaf­ten vor­han­den. Auf fel­si­gen oder nur sehr flach­grün­di­gen Stand­or­ten tre­ten die Steinkraut-​Blauschwingelflur sowie die Gamander-​Blaugras-Trockenrasen auf. Schot­ter­rei­che Böden sind Stand­or­te der Traubengamander-​Wimperperlgrasflur. Ty­pisch für mittel-​ bis tief­grün­di­ge­re Böden, wie sie z. B am un­te­ren Hang­be­reich oder auf Flä­chen mit ge­rin­ger Hang­nei­gung auf­tre­ten, ist der Furchenschwingel-​Fiederzwenkenrasen. An ei­ni­gen Han­g­ober­kan­ten mit grö­ße­rem Löß­an­teil kommt der Schwingel-​Haarpfriemengrasrasen vor. Als flo­ris­ti­sche Be­son­der­hei­ten seien die über­re­gio­nal be­stands­be­droh­ten Arten Ba­de­ner Ris­pen­gras, Grau­es Son­nen­rös­chen, Haar-​Pfriemengras, Ech­tes Fe­der­gras, Steppen-​Wolfsmilch, Pferde-​Sesel, Frühlings-​Adonisröschen, Sil­ber­dis­tel, Echte Ku­gel­blu­me und Helm-​Knabenkraut ge­nannt (vgl. OE­KO­KART 1995).

Auf der Pla­te­au­flä­che be­fin­det sich seit 1985 ein Acker­wild­kraut­schutz­ge­biet mit ei­ni­gen ty­pi­schen Arten der Haftdolden-​Adonisröschen-Gesellschaft, z. B Rund­blätt­ri­ges Ha­sen­ohr oder Acker-​Haftdolde (EBEL & SCHÖN­BRODT 1988, 1993). Die Tro­cken­ge­bü­sche wer­den von Stein­weich­sel, Hunds-​ und Wein­ro­se, Li­gus­ter, Schle­he und Ein­griff­li­gem Weiß­dorn ge­bil­det. Die frü­her mit Scha­fen be­wei­de­ten, we­ni­ger stei­len Hang­flä­chen sind zum Teil mit stand­ort­frem­den Arten wie Schwarz­kie­fer, Bla­sen­strauch, Schnee­bee­re, Flie­der und Ro­bi­nie auf­ge­fors­tet. Die Steinkraut-​Blauschwingelflur, der Schwingel-​Haarpfriemengrasrasen, die Traubengamander-​Wimperperlgrasflur, der Gamanderblaugras-​Trockenrasen und der Furchenschwingel-​Fiederzwenkenrasen ge­hö­ren zu den schüt­zens­wer­ten Le­bens­raum­ty­pen von ge­mein­schaft­li­cher Be­deu­tung nach An­hang I der Flora-​Fauna-Habitatrichtlinie der Eu­ro­päi­schen Union, wobei die drei zu­erst ge­nann­ten zu den prio­ri­tär zu schüt­zen­den Le­bens­raum­ty­pen ge­hö­ren.

Fauna

Die rei­che Bio­to­paus­stat­tung be­dingt eine eben­so man­nig­fal­ti­ge Fauna. Be­son­ders zu er­wäh­nen ist die hohe Zahl ge­fähr­de­ter Bienen-​ und Schmetterlings-​ und Schweb­flie­gen­ar­ten (EBEL & SCHÖN­BRODT 1988, 1993, GROS­SER & DRECHS­LER 1995). Da­ne­ben wur­den für das NSG 17 Heu­schre­cken­ar­ten nach­ge­wie­sen, die al­le­samt als tro­cken­heits­lie­bend (xe­ro­phil) ein­zu­stu­fen sind. Die Mehr­heit der 77 re­gis­trier­ten Laufkäfer-​Arten stellt ein ty­pi­sches Fau­nen­ele­ment der Kalk­flu­ren im NSG dar, wenn­gleich diese Ar­ten­grup­pe keine un­mit­tel­ba­re Bin­dung an den Öko­fak­tor Kalk be­sitzt. Nichts­des­to­trotz wur­den 10 Arten der Roten Lis­ten fest­ge­stellt, dar­un­ter auch der Lauf­kä­fer Ca­lo­so­ma ma­de­ra. Diese Art ist in­ter­es­san­ter­wei­se in den alten Bun­des­län­dern vom Aus­ster­ben be­droht, be­sitzt aber in Ost­deutsch­land noch zahl­rei­che sta­bi­le Vor­kom­men (OE­KO­KART 1995).
Das Na­tur­schutz­ge­biet ist u. a. Brut­ge­biet für Wach­tel, Grau­am­mer, Sper­ber­gras­mü­cke und Neun­tö­ter. Sper­ber­gras­mü­cke und Neun­tö­ter sind Vo­gel­ar­ten nach An­hang I der Vo­gel­schutz­richt­li­nie. In den Ni­schen und Stol­len der ehe­ma­li­gen Stein­brü­che fin­den zahl­rei­che Fle­der­maus­ar­ten, auch in Win­ter­quar­tie­ren, Un­ter­schlupf. Die hier über­win­tern­den Arten Mops­fle­der­maus und Maus­ohr sind Arten nach An­hang II der FFH-​Richtlinie und neben den o.g. Le­bens­raum­ty­pen eben­falls In­halt der FFH-​Gebietsmeldung an die eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on in Brüs­sel.

Zu­stand des Ge­bie­tes und Er­hal­tungs­maß­nah­men

Seit den 2000er Jah­ren haben auf Teil­flä­chen Ent­bu­schun­gen statt­ge­fun­den oder wur­den wie­der­holt; seit etwa 2010 wer­den Teile wie­der mit Scha­fen be­wei­det. Grund­sätz­lich ist dies aber noch auf zahl­rei­chen wei­te­ren Flä­chen nötig, die sonst ent­wer­tet wer­den. Die ex­ten­si­ve Be­wirt­schaf­tung des Kal­ka­ckers ist seit Jah­ren nicht ge­si­chert; auch hier haben Be­wal­dungs­ten­den­zen ein­ge­setzt. Die Ent­nah­me stand­ort­frem­der nicht­hei­mi­scher Baum- und Strauch­ar­ten ist zu prü­fen. Es darf kein wei­te­rer Kalk­stein­ab­bau er­fol­gen, ei­ni­ge Stein­brü­che müs­sen ent­müllt wer­den. Dem NSG droht die Zer­schnei­dung durch eine Au­to­bahn­tras­se. Das NSG liegt im FFH-​Gebiet "Mu­schel­kalk­hän­ge west­lich Halle".