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Beschlüsse 2020

3 VK LSA 01/20

vom 28.02.2020

§§ 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A, 6 b Abs. 4 S. 1 VOB/A; 15 Abs. 1 und 2 VOB/A

  • Angebotsausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A
  • Aufklärung gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A
  • Verweigerung einer Aufklärung nach § 15 Abs. 2 VOB/A

Die Nachweise i. S. des § 6 b Abs. 4 S. 1 VOB/A beziehen sich ausschließlich auf die Eignung der Bieter; nur insoweit kann die Nichtvorlage einen Ausschluss des Angebots vom Vergabeverfahren gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A nach sich ziehen.

Die Aufklärung gemäß § 15 VOB/A, etwa durch Abfrage einer Produktinformation, dient nur zur weiteren Information und Aufklärung, nicht aber zur Änderung eines einmal eingereichten Angebots.

Die Möglichkeit der Aufklärung gemäß § 15 Abs. 1 VOB/A besteht grundsätzlich so lange, bis alle Zweifelsfragen geklärt sind.

Nur wenn der Bieter explizit in einem Aufklärungsgespräch oder schriftlich mitteilt, dass er nicht bereit ist, an der Aufklärung mitzuwirken oder unzureichende Angaben macht, verweigert er die Aufklärung. Entsprechendes gilt, wenn der Bieter eine angemessene Frist verstreichen lässt.

3 VK LSA 04/20

vom 19.03.2020 (nicht barrierefrei)

LVG LSA § 19 Abs. 2 Satz 4, VOB/A 2019 § 2 Abs. 1 und 2 und § 7 Abs. 2

- begründeter Nachprüfungsantrag

- Gebot der produktneutralen Ausschreibung

- unrechtmäßiger Angebotsausschluss

Die Entscheidung, welcher Gegenstand mit welcher Beschaffenheit und mit welchen Eigenschaften beschafft werden soll, obliegt dem öffentlichen Auftraggeber. Dieser ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Gegenstände grundsätzlich frei. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung. Das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers ist jedoch durch den Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung eingeschränkt.

Gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn einer der in § 7 Abs. 2 VOB/A genannten Ausnahmetatbestände nicht vorliegt, sondern auch dann, wenn die Vorgaben der Ausschreibung derart spezifisch auf ein bestimmtes Produkt zugeschnitten sind, dass es den Bietern letztlich unmöglich ist, eine davon abweichende Leistung anzubieten.

3 VK LSA 05/20

vom 31.03.2020

§ 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A; § 2 Abs. 1 und 2 VOB/A; § 15 VOB/A

  • Änderung an den Vergabeunterlagen
  • BGH-Urteil X ZR 86/17 vom 18.06.2019

Der Bieter muss grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung so angeboten bekommen will, wie er sie in den Vergabeunterlagen festgelegt hat.

Es ist zweifelhaft, ob Bieter, die sich (z. B.) technische Änderungen vorbehalten, bei Angebotsabgabe über einen unbedingten Bindungswillen verfügen. In diesen Fällen wird das grundsätzlich ihnen obliegende Risiko einer fehlerbehafteten Angebotsgestaltung auf die Auftraggeberseite übertragen. Insoweit liegt eine Änderung an den Vergabeunterlagen vor.

Mit dem BGH-Urteil X ZR 86/17 vom 18.06.2019 wird nicht an den bisher geltenden Grundsätzen gerüttelt; denn die „eigentliche“ Änderung an den Vergabeunterlagen (in inhaltlicher bzw. technischer Hinsicht) führt auch weiterhin zu einem Ausschluss des betreffenden Angebots.

Eine Aufklärung des Angebots gemäß § 15 VOB/A ist immer dann notwendig, wenn noch Zweifelsfragen bestehen. Die Aufklärung des betreffenden Angebots ist zwar zur Klarstellung, nicht aber zur Änderung des Angebots zulässig.

3 VK LSA 06/20

vom 19.03.2020 (nicht barrierefrei)

§ 19 Abs. 2 Satz 4 LVG LSA, § 14 a Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A, § 4 Abs. 1 VOB/A

- fehlende Kennzeichnung des Nebenangebotes

- keine Voraussetzungen für Pauschalvertrag

Sind schriftliche Angebote zugelassen, ist bei Ausschreibungen gemäß § 14a Abs. 1 Satz 1 VOB/A für die Öffnung und Verlesung der Angebote ein Eröffnungstermin abzuhalten. Gemäß § 14 a Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A werden im Eröffnungstermin die Angebote geöffnet und in allen wesentlichen Teilen gekennzeichnet. Nebenangebote stellen wesentliche Teile eines Angebotes dar.

Gemäß § 4 Abs. 1 VOB/A sind Bauleistungen so zu vergeben, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird. In der Regel werden die Bauleistungen zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber in den Vertragsunterlagen anzugeben ist, vergeben. In geeigneten Fällen erfolgt eine Vergabe für eine Pauschalsumme, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist.

3 VK LSA 07/20

vom 24.03.2020

§ 19 Abs. 2 Satz 4 LVG LSA, § 13 Abs. 2 VOB/A

- Nebenangebote müssen gleichwertig sein

- keine Mindestanforderungen an Nebenangebote gestellt

Gemäß § 13 Abs. 2 VOB/A kann eine Leistung, die von der technischen Spezifikation nach
§ 7a Absatz 1 VOB/A abweicht, angeboten werden, wenn sie mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig ist. Die Gleichwertigkeit ist mit dem Angebot nachzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat in den Vergabeunterlagen keine Mindestanforderungen an Nebenangebote gestellt, an welchen die Gleichwertigkeit eines Nebenangebotes allein hätte beurteilt werden können. Die Gleichwertigkeit war daher an den Parametern der einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses festzustellen.

3 VK LSA 09/20

vom 21.04.2020

LVG LSA § 7 Abs. 1, § 19 Abs. 2; VOB/A 2019 § 2 Abs. 3, § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. w), § 16b Abs. 1

- begründeter Nachprüfungsantrag

- Forderung von Referenzen zu vergleichbaren Leistungen nicht wirksam bekannt gemacht

- unrechtmäßiger Angebotsausschluss

Aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung soll die Auftragsbekanntmachung die für die Beurteilung der Eignung der Bieter verlangten Nachweise enthalten. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, dass für jeden potentiellen Bieter bereits aus der Auftragsbekanntmachung zweifelsfrei klar sein muss, welche Eignungsnachweise der Auftraggeber von ihm verlangt. Ein Bieter soll so bereits auf den ersten Blick erkennen können, ob er die festgelegten Eignungsanforderungen erfüllen kann.

Dem Auftraggeber ist es verwehrt, das Angebot eines Bieters auszuschließen, weil dieser von der Auftragsbekanntmachung abweichend geforderte Eignungsnachweise – hier über die Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis hinausgehend – nicht vorgelegt hat. Die nachträgliche Forderung von nicht wirksam bekannt gemachten Eignungsnachweisen ist rechtswidrig.

Für den Ausschluss eines Angebots wegen erheblicher Mängel im Zusammenhang mit einem früheren Vergabeverfahren bedarf es einer umfangreich dokumentierten negativen Prognose - erhebliche Zweifel an der Eignung des Bieters - im Hinblick auf den aktuell zur Vergabe stehenden Auftrag.

3 VK LSA 24/20

vom 23.06.2020 (nicht barrierefrei)

§ 19 Abs. 2 Satz 4 LVG LSA, § 15 VOB/A, § 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A und § 16a Abs. 1 VOB/A

- rechtswidriger Ausschluss Angebot

- Bauablaufplan wird nicht Vertragsbestandteil

- Bauablaufplan ist kein Zuschlagkriterium

Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A sind Angebote auszuschließen, bei denen der Bieter Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen hat. Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen müssen zweifelsfrei sein.

Das Angebot der Antragstellerin entspricht den Vergabeunterlagen. Mit dem Bauablaufplan hat die Antragstellerin den Bauablauf nicht abgeändert. Sie hat in ihrem Angebotsschreiben auch die Langfassung des Leistungsverzeichnisses für verbindlich erklärt. Die fehlenden Angaben zu den Teilabschnitten rechtfertigen nicht den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin wegen Änderung an den Vergabeunterlagen.

3 VK LSA 27/20

vom 05.08.2020 (nicht barrierefrei)

LVG LSA § 7 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Satz 4; VOB/A 2019 § 6a Abs. 1 S. 1, § 6b, § 16a, § 16b Abs. 1

- begründeter Nachprüfungsantrag

- Wertungsergebnis rechtswidrig

- Eignungsnachweise / Präqualifikation

Geht der Auftraggeber hinsichtlich der Eignung eines Bieters aufgrund seiner Präqualifikation von dessen Fachkunde für den ausgeschriebenen Auftrag aus, ist auch nur diese Präqualifikation bei der Prüfung der Eignung zugrunde zu legen.

Mit dem Nachweis seiner Eignung im Angebot – hier mit der Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis –  ist der Bieter grundsätzlich an diese Erklärung gebunden, und eine Abänderung dieses Eignungsnachweises ist nicht zulässig.

Aus diesem Grund darf der Auftraggeber auch nicht die ihm fehlenden Informationen zur Eignung des Bieters gem. § 16a Abs. 1 VOB/A nachfordern. 

Die Pflicht zur Nachforderung bezieht sich nur auf körperlich vorhandene Unterlagen, wenn sie in formaler Hinsicht von den Anforderungen abweichen, nicht jedoch, wenn sie damit inhaltlich nachgebessert werden sollen. Dies stellt aufgrund des vergaberechtlichen Gleichbehandlungs- und Transparenzgebots eine unzulässige inhaltliche Änderung des Angebots dar.

3 VK LSA 37/20

vom 18.08.2020

§§ 14 Abs. 2, 19 Abs. 2 Satz 4 LVG LSA, §§ 2 Abs. 3, 15 Abs. 1, 16d Abs.1 Nr.1 u. 2 VOB/A

- zulässiger und begründeter Nachprüfungsantrag

- rechtswidriger Ausschluss des Angebotes

- Aufklärung des niedrigen Preises nicht in ausreichend

Auch ein erheblich unter den Preisen anderer Bieter liegendes Angebot kann sachgerechte und auskömmlich kalkulierte Preise enthalten.

Da das Angebot der Antragstellerin 11,3 v.H. unter dem nächsthöheren Angebot lag, war seine Auskömmlichkeit gemäß § 14 LVG LSA zu überprüfen.

Zur Aufklärung des Angebotspreises prüfte die Antragsgegnerin lediglich das abgeforderte Formblatt 223 und stellte fest, dass die Einheitspreise einzelner LV-Positionen nicht nachvollziehbar niedrig sind.

Die Antragsgegnerin hätte der Antragstellerin in Textform durch gezielte Anfragen, Gelegenheit zu einer Aufklärung der nicht nachvollziehbaren niedrigen Einheitspreise bei den einzelnen o. g. LV-Positionen geben müssen. Sie war gehalten, von der Antragstellerin Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für die Teilleistungen zu verlangen. Dies hat sie schlicht versäumt oder unterlassen.

Die Schlussfolgerungen der Antragsgegnerin sind nicht durch entsprechende Unterlagen oder Aussagen der Antragstellerin belegt. Auf keinen Fall lassen die hier aufgeführten niedrigen Einheitspreise der betroffenen LV-Positionen (ihr Anteil beträgt 1,9 v.H. am Gesamtpreis des Angebotes) auf einen unauskömmlichen Gesamtpreis schließen.

Nach all dem ist die Antragsgegnerin ihrer Aufklärungspflicht hinsichtlich der Preisermittlung nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.

3 VK LSA 44/20

vom 26.08.2020 (nicht barrierefrei)

§ 19 Abs. 2 S. 4 LVG LSA, § 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 13 Abs. 4 VOB/A, § 16 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A und § 16 Abs. 2 Nr. 4 VOB/A, § 14 LVG LSA und § 16d Abs. 1 Nr. 1 und 2 VOB/A

- kein unangemessen niedriger Preis

- kalkulierte Stundenlöhne sind im gesamten Angebot zu prüfen

- positionsbezogener Preisnachlass zulässig

Gemäß § 14 Abs. 2 LVG LSA ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, wenn ein Angebot um mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot abweicht, die Kalkulation zu überprüfen.

Bei der Prüfung der Tariflöhne dürfen nicht nur die Preise in den Positionen für Stundenlohnarbeiten betrachtet werden, sondern der Gesamtpreis.

Positionsbezogene Preisnachlässe sind zulässig. Sie gehören zur unternehmerischen Kalkulationsfreiheit. Sie müssen nicht an einer im Angebotsschreiben bezeichneten Stelle ausgewiesen werden.

3 VK LSA 54/20

vom 24.11.2020

§ 19 Abs. 2 LVG LSA; §§ 12a Abs. 4, 16a Abs. 1 S. 2, Abs. 4 u. 5, §§ 6b Abs. 4; 8 Abs. 2 Nr. 5; 13 Abs. 1 Nr. 5; 16 Abs. 1 Nr. 2 u. 4; 16 c Abs. 2 Nr. 1 VOB/A; § 31 Abs. 3 S. 1 VwVfG, § 193 BGB

- rechtmäßiger Ausschluss des Angebotes wegen nicht fristgemäß vorgelegter Unterlagen

- unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen

- analoge Anwendung der §§ 31 Abs. 3 S. 1 VwVfG bzw. 193 BGB auf das Ende der Frist des § 16a Abs.4 S. 2 VOB/A

- Änderung des LV durch den Auftraggeber

Ein Angebotsausschluss nach § 16a Abs. 5 VOB/A setzt voraus, dass der Auftraggeber die vorzulegenden Nachweise ordnungsgemäß gefordert und – bereits in der Auftragsbekanntmachung – klar und eindeutig formuliert hat, so dass ein Bieter sie versteht und in gleicher Weise auslegen kann.

Die Forderung, dass alle geforderten Erklärungen und Nachweise sowohl vom Bieter als auch seinen Nachunternehmern bereits mit Angebotsabgabe vorgelegt werden sollen, ist noch hinreichend klar und eindeutig formuliert, wenn sich diese aus einer Gesamtschau und inhaltlichen Bewertung der Formulierung der Auftragsbekanntmachung ergibt.

Die 6-Tage-Frist des § 16a Abs. 4 S. 2 VOB/A kann im Einzelfall, z. B. für geringfügigere Nachforderungen, kürzer sein; eine Verlängerung – als ein von Auftraggeber zu begründender Sonderfall – kommt aber ebenso in Betracht, z. B. wenn die Frist sich über mehrere gesetzliche Feiertage erstreckt.

Für die Bestimmung des Fristendes gelten § 31 Abs. 3 S. 1 VwVfG bzw. § 193 BGB in analoger Anwendung.

Der Auftraggeber hat nach Eröffnung der Angebote – außer in den Fällen von offensichtlichen Rechenfehlern – keine Möglichkeit, nachträgliche Korrekturen am LV vorzunehmen. Andernfalls nimmt er eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor.